Was ist dran an der Bedrohung der Artenvielfalt?
Die nachfolgenden Antworten finden Sie auch hier als PDF zum Download.FAQ
1Worum geht es beim Volksbegehren?
Wir stellen beim Volksbegehren die Artenvielfalt und die Bienen als
Sympathieträger in den Mittelpunkt. Der große Teil der Bevölkerung hat
das Insektensterben über die Medien wahrgenommen und unterstützt
unser Volksbegehren.
Auch die Ökoverbände Naturland, Bioland, Demeter, Biokreis Süd-Ost und
ihr Dachverband Landesvereinigung für den Ökologischen Landbau und
die Imkerverbände unterstützen das Volksbegehren. Lediglich der
Bauernverband steht alleine da, ignoriert das Artensterben und propagiert
ein „Weiter-So!“. Er lehnt das Volksbegehren mit falschen Argumenten ab.
Dem schließt sich die Landesregierung an.
2Es enthält nur Auflagen für die Landwirte!
Diese Behauptung ist falsch. Das Volksbegehren richtet sich gar nicht an
alle einzelnen Landwirte und Bäuerinnen.
Verpflichtet wird die Landesregierung, entsprechende Angebote an die
Landwirte zu machen. Für die sind die Leistungen freiwillig, aber gut
dotiert.
Kopplungsverbot
Ein Volksbegehren kann übrigens auch nicht alle Verursacher eines
Problems zusammenwürfeln. Es gibt einen sehr engen Rechtsrahmen, der
nur Veränderungen in einem Gesetz erlaubt. In unserem Fall ist es das Häuserdämmung können im Naturschutzgesetz nicht geregelt werden.
Deshalb gibt es auch ein eigenes Volksbegehren für den
Flächenverbrauch (Betonflut). Auch Privatgärten können nicht einfach
integriert werden. Hätten wir das versucht, hätte das bayerische
Innenministerium das Volksbegehren gestoppt.
Übrigens: Es kursiert ein Video des Bauernverbands das Bauern auf einer
Verkehrsinsel zeigt, den Verkehr als wahren Schuldigen anklagend. Das ist
eine bewusste Agitation gegen das Volksbegehren. Die Urheber sind
bestimmt Profis und sollten das Kopplungsverbot kennen.
3Das Volksbegehren betreibt Bauern-bashing
Das ist eine Erfindung des Bayerischen Bauernverbandes. Das
Volksbegehren kämpft dafür, das Artensterben zu stoppen und dafür die
gesetzlichen Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft zu verbessern.
Es ist nicht zu leugnen, dass die konventionelle Landwirtschaft eine
Menge Umweltprobleme verursacht. Das Volksbegehren greift nicht die
Landwirte an. Die Landwirte sind Opfer des Systems, dass einseitig auf
maximale Erträge setzt. Der Bauernverband unterstützt dieses System,
statt mit den Umweltverbänden auf eine Agrarwende zu setzen, und
schadet damit den Landwirten.
4Am Rückgang der Arten sind viele Ursachen schuld, z.B. der Klimawandel, der Verkehr, der Flächenverbrauch, der Flugverkehr, nicht nur die Landwirtschaft!
Ja, aber der Artenrückgang ist in der offenen Landschaft am
dramatischsten. Das liegt an der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung. Landwirte bewirtschaften fast die Hälfte der Fläche Bayerns.
1) Über Jahrhunderte Austrocknung der Landschaft mit Gräben und
Drainagerohren hat zum Rückgang aller Arten der Feuchtwiesen und 2) Intensive Düngung halten nur die angebauten Nutzpflanzen aus, nicht
aber Wildkräuter und Wiesenblumen
3) Jahrzehntelange Flurbereinigung haben die meisten Strukturen mit
Artenvielfalt entfernt: Feldraine, blühende Wegränder, kleine ungenutzte
Brachen, Hecken, Säume an Gräben.
4) Die systematische Anwendung von Herbiziden hat zum fast
vollständigen Aussterben von Ackerwildkräutern geführt. Mit den
Insektiziden werden Insekten bekämpft. Selbstverständlich sind sie hauptverantwortlich für den Rückgang von Insekten
5Am Insektensterben sind die vielen Autos schuld, die heute schneller fahren als früher und viel mehr geworden sind!
Die meisten Insekten können sich massenhaft vermehren, wenn geeignete
Lebensräume da sind. Die Anzahl der Insekten hängt in erster Linie davon
ab, ob sie sich fortpflanzen können und genügend Nahrung (Wildkräuter,
Blüten, bei räuberischen Arten andere Insekten) finden. Die
Veränderungen in der Landschaft und die Anwendung von Herbiziden und
Insektiziden hat zum drastischen Rückgang der Insekten geführt. Saubere
Windschutzscheiben sind sind also das Symptom und nicht die
Hauptursache für das Insektensterben.
6Dass keine Insekten mehr an den Windschutzscheiben kleben, liegt an den heute stromlinienförmigen Autos!
Vergleichsfahrten mit modernen Autos und früheren Autos zeigen, dass an
beiden Autos keine Insekten mehr aufschlagen. Der Rückgang ist
Tatsache.
7Der Rückgang der Arten ist nicht gut belegt. Die Daten werden von Laien erhoben.
und einheitlicher Methode von über 1.000 gut ausgebildeten
Vogelkundlern erhoben. Das statistische Bundesamt hat 1000
repräsentative Probeflächen ermittelt, die die verschiedenen
Lebensräume exakt erfassen. Die Aussagekraft der Monitoringprogramme
ist sehr genau. Daneben dokumentieren unzählige regionale Studien den
Rückgang der Arten vor allem im Offenland.Ähnlich sieht es in der
Erfassung der Schmetterlingspopulationen aus. Dr. Segerer und seine
Kolleg*innen sind seriöse Wissenschaftler.
Dieses Argument ist eine ähnlich haarsträubende Verdrehung und
Manipulation, wie die Leugnung des Klimawandels. Wer so etwas
verbreitet kennt keine Skrupel, um seine Eigeninteressen durchzusetzen.
Die Situation ist so dramatisch, dass wir mit dem Volksbegehren hoffen,
zumindest noch den Status Quo zu retten! Es muss dann weiterhin etwas
passieren. Aus diesem Grund haben wir die jährliche Debatte im Landtag
aufgenommen, in unserer Transparenzforderung.
8Pferdehalter bekommen Weideverbot bis 15. Juni
➢ Das Volksbegehren schränkt Weidenutzung in keinster Weise ein.
➢ Es zwingt weder Landwirte noch Pferdehalter, Wiesen später zu mähen.
➢ Es macht eine Vorgabe für den Staat, den Anteil von Wiesen, die nach
dem 15. Juni gemäht werden, auf 10% zu erhöhen (aktuell gut 5%). Dafür
wird der Freistaat voraussichtlich die Anreize aus dem
Vertragsnaturschutzprogramm erhöhen. Landwirte und Pferdehalter
können wie bisher freiwillig teilnehmen und bekommen dafür eine
Förderung von min. 350 €/ha.
➢ Das Volksbegehren verbietet lediglich, ab dem 1.1.2022 auf
Dauergrünlandflächen flächenhaft Pflanzenschutzmittel einzusetzen. Von
diesem Verbot können auf Antrag „für die punktuelle Beseitigung giftiger, problematischen Pflanzenarten Ausnahmen zugelassen werden.“
➢ Die vom Bauernverband behauptete „prächtige Vermehrung von
Giftpflanzen wie Heracleum, Jakobskreuzkraut oder Herbstzeitlose“ ist frei
erfunden. Ebenso die Behauptung, das Volksbegehren „macht
Weidehaltung fast unmöglich“.
9Das Volksbegehren führt dazu, dass viele Kleinbetriebe aufhören müssen!
Das Gegenteil ist der Fall. Für viele kleine landwirtschaftliche und
Nebenerwerbsbetriebe stellen das Vertragsnaturschutzprogramm und das
Kulturlandschaftsprogramm wichtige Einnahmequellen dar. Diese Programme
müssen durch das Volksbegehren ausgebaut und mit noch mehr Finanzmitteln
ausgestattet werden. Das Volksbegehren bietet eine Alternative zum „Wachsen
oder weichen“.
Das Volksbegehren schafft einen gesetzlichen Rahmen, der zu einem
Investitionsprogramm für die Landwirtschaft führen wird. Damit werden Landwirte,
die Leistungen für das Gemeinwohl bringen, in Zukunft noch stärker gefördert und
die Umstellung auf ökologischen Landbau noch intensiver unterstützt.
10Freiwillige Leistungen sind besser als ein Gesetz!
Die bisherigen freiwilligen Leistungen der Landwirte im
Vertragsnaturschutzprogramm und im Kulturlandschaftsprogramm konnten den
Artenrückgang nicht aufhalten, obwohl die bayerischen Landwirte dafür ca. 250
Millionen Euro pro Jahr erhalten. Dies zeigt, dass mehr und wirksamere
Maßnahmen notwendig sind.
➢ Die Neuerungen sind zur Rettung der Artenvielfalt notwendig, aber auch um die
Akzeptanz der heutigen Landwirtschaft in der Gesellschaft zu erhöhen.
➢ Das Volksbegehren bietet viele Chancen für die Bauern.
➢ Die „Weiter-so-Haltung“ des Bayerischen Bauernverbandes hilft den Landwirten
nicht.
➢ Landwirte in Bayern beziehen über die Hälfte ihres Einkommens aus staatlicher
Förderung. Diese bezahlt der Steuerzahler. Die Gesellschaft darf daher auch
mitentscheiden, wofür diese Gelder ausgegeben werden.
Das ist schlichtweg falsch. Der Gesetzentwurf überschneidet sich sogar
nur zu einem Bruchteil mit den förderfähigen Massnahmen.
Gegenbeispiele:
➢ Trotz Tierschutzgesetz und daraus resultierender
Tierhaltungsverordnungen ist es möglich, tiergerechtere Ställen und
Haltungsformen zu fördern.
➢ Trinkwasserschutz: Obwohl es Gesetze zur Einrichtung von
Wasserschutzgebieten gibt, werden den Betroffenen Landwirten
Ertragsausfälle und Mehraufwand ausgeglichen.
➢ Düngeverordnung: Die Düngeverordnung verbietet Düngung auf einem
4 m breiten Uferstreifen entlang von Gewässern. Trotzdem fördert der
Freistaat Randstreifen mit extensiver Grünlandnutzung mit 350 €/ha.
11Biotopverbünde sind freiwillige Leistungen, keine Diktatur
Das Volksbegehren verlangt nicht von jedem einzelnen Bauern, etwas
Bestimmtes zu tun. Mit dem Volksbegehren wird der Staat verpflichtet,
zunächst zehn und später 13 Prozent der Landesfläche für einen
Biotopverbund im Offenland zu schaffen (bis 2025 bzw. 2030).
➢ Dies wird in bewährter Weise über Flächenförderung und langfristige
Pacht oder Flächenankauf geschehen.
➢ Hier werden die Landwirte als Partner benötigt.
➢ Eine Beteiligung ist für Landwirte freiwillig.
1210% Grünland mit erster Mahd nach dem 15. Juni
Dies ist eine staatliche Verpflichtung und betrifft nicht den Einzelbetrieb
(„10% der Grünlandflächen der Landesfläche Bayerns“, nicht 10% von
jedem Hof).
Landwirtschaftsministerium, Landwirte zur späten Erstmahd.
➢ Eine Beteiligung ist für Landwirte freiwillig.
➢ Gelder im Vertragsnaturschutzprogramm VNP müssen erhöht werden
Hintergrund:
Mäht ein Landwirt eine Wiese erst nach dem 15. Juni, erhält er 320 €/ha
(VNP, Maßnahme H22). Für spätere Zeitpunkte gibt es noch höhere
Prämien. 2018 wurden rund 25.000 Hektar Grünland in Bayern erst ab dem
15. Juni gemäht (2,3%), weitere 20.500 Hektar ab dem 1. Juli (1,9%). Mit den
Flächen, die noch später gemäht werden (bis zum 1.9.) werden aktuell 5,3%
des Grünlandes nach dem 15. Juni erstmals gemäht. Das Volksbegehren
bringt also fast eine Verdoppelung. Das wird als die minimal notwendige
Fläche für den Bestandserhalt eingestuft.
Anmerkung: Der Gesetzestext schließt allerdings nicht Weiden und Almen
explizit aus. Wenn diese mit eingerechnet werden, würde es kaum einen
Effekt geben.
13Gewässerrandstreifen (GWRS)
Verboten wird ackerbauliche und gartenbauliche Nutzung auf einem 5
Meter breiten Uferstreifen. Beweidung und Grünlandnutzung wird auf
diesen Streifen weiterhin erlaubt sein. Das bisherige Engagement der
Landwirte, die Gewässerrandstreifen freiwillig (mit Förderung, s.u.)
angelegt haben, erkennen wir an. Trotzdem besitzt der größte Teil der
Bäche und Gräben keine Randstreifen. Jahrzehntelange Freiwilligkeit hat
nicht zum Ziel geführt.
Derzeitige Förderung:
1) Im Grünland: KULAP B30 „Extensive Grünlandnutzung entlang von
Gewässern und in sonstigen sensiblen Gebieten“ mit 350 €/ha. Kann der
Staat immer noch fördern. Nach der BBV-Logik wäre die bereits die jetzige Gewässern verbietet.
2) Im Ackerland: KULAP B32, B33, B34: Gewässer- und
Erosionsschutzstreifen mit 920€/ha Grünstreifen. Diese hohe Förderung
lässt sich in der jetzigen Form nicht ohne Kniff aufrecht erhalten, da
Ackernutzung verboten wird. Bayern zieht mit dem Volksbegehren gleich
mit anderen Bundesländern, in denen GWRS gesetzliche Pflicht sind. Der
bisherige Zustand mit Ackernutzung bis zum Ufer und fürstlicher
Honorierung, wenn ein Landwirt davon absah, war ein Geschenk des
Freistaats, und ignorierte die ökologisch zwingende Notwendigkeit.
➢ Die bisherige Förderung muss leicht modifiziert und auf die Förderung
von 6 bis 30 Meter breiten Randstreifen gesetzt werden. Diese sind
ökologisch wesentlich wirksamer, dem Landwirt gehen keine Fördergelder
verloren.
➢ Der Staat kann auch verschiedene Qualitätsstufen der GWRS definieren
und dafür eine gestaffelte Förderung einrichten. (Hier braucht es nur ein
bisschen Kreativität.)
➢ Landwirte können sich die GWRS als ökologische Vorrangfläche beim
von der EU vorgeschriebenen greening anrechnen lassen.
1420% Ökolandbau bis 2025, 30% bis 2030
Dies ist wieder eine Zielvorgabe für den Staat. Bayern hat aktuell ca. 10%.
Der Staat muss die Umstellung auf Ökolandbau massiv fördern. (Diese
Zielvorgabe ist ähnlich wie die von CSU und FW im Koalitionsvertrag:
mittelfristig Verdoppelung des Ökolandbaus).
➢ Auch in Bayern werden viele Bio-Lebensmittel importiert, anstatt sie
regional anzubauen.
➢ Österreich hat durch konsequente Förderung bereits jetzt 24,3 %
Ökolandbau (2018)
Preisverfall führt.
➢ In Indien haben schon drei ganze Bundesstaaten zu 100% auf Bio
umgestellt.
➢ Umstellung der öffentlichen Kantinen auf Biokost (in Österreich bieten
30% der Kantinen Ökoprodukte an, in Deutschland nur 3%)
➢ Betriebliche Beratung der Landwirte muss angeboten werden.
➢ Förderung von Werbung und Absatzmärkten
➢ Förderung von Investitionen in Stallumbauten
➢ Es landet viel Geld bei den Landwirten!
15Der Biomilch-Markt bricht zusammen?
➢ Die Sorgen konventioneller Landwirte um die Biomärkte sind
unbegründet.
➢ Alle Ökoanbauverbände unterstützen das Volksbegehren.
➢ Die Biobranche hat hohe Wachstumsraten
➢ Die Gesellschaft will mehr Bio
➢ Der Staat kann dafür sorgen, dass Kantinen von Behörden, Schulen,
Krankenhäusern und anderen öffentlichen Einrichtungen auf Biokost
umstellen (in Österreich bieten 30% der Kantinen Ökoprodukte an, in
Deutschland nur 3%).
➢ Der Staat muss Werbung für Ökolandbau, gesunde Ernährung und
Verbraucherbildung intensivieren.
➢ Österreich mit 24% Ökolandbau hat gezeigt, dass schnelles
Ökowachstum nicht zu einem Preisverfall führt.
Hintergrund: Die EU-Milchquotenregelung ist im März 2015 ausgelaufen.
Durch Überproduktion ist anschließend der Milchpreis eingebrochen.
Dadurch sind überdurchschnittlich viele konventionelle Milcherzeuger auf
Bio-Milch umgestiegen. Die Biomolkereien konnten nicht alle
Neuumsteller aufnehmen. Dies war eine Folge des Versagens im Umsteller auf Biomilch wird sich bald auflösen, da der Biomarkt nach wie
vor wächst.