Unser Volksbegehren – Worum geht´s?
22. Juni 2018Mit einem Schmetterlingsforscher unterwegs
25. Juni 2018„Rettet die Bienen!“ – so heisst das neue bayrische Volksbegehren. Es könnte auch heißen „Rettet die Schmetterlinge!“ oder „Rettet die Frösche!“. Denn unser Ziel ist es, die gesamte Artenvielfalt Bayerns zu schützen – und damit die einzigartige Schönheit seiner Natur. Aber Bienen zeigen die Dringlichkeit des Artenschutzes besonders gut auf. Warum das so ist, erklären wir im folgenden Artikel.
obiges Foto: Wollbiene (c) Konrad Wothe
Bei dem Wort „Biene“ denken die meisten Menschen nur an eine Art: die Honigbiene Apis mellifera. Dabei leben in Deutschland 560 andere Arten von Wildbienen! Viele dieser Wildbienenarten sind stark gefährdet. Von 557 Arten, die in der Roten Liste der gefährdeten Tiere Deutschlands bewerteten wurden, sind 37 Arten (7 %) ausgestorben oder verschollen und 109 Arten vom Aussterben bedroht oder stark gefährdet. Insgesamt sind ca. 40 % der Bienen in Deutschland im Bestand gefährdet. In Bayern sieht es sogar noch schlimmer aus: 40 Arten, also 8 %, sind ausgestorben oder verschollen, 140 Arten sind vom Aussterben bedroht oder stark gefährdet; insgesamt sind 53 % im Bestand gefährdet. Aber selbst viele der Arten, die noch nicht gefährdet sind, sind stark in ihrem Bestand zurückgegangen. Wenn dieser Trend weitergeht, könnten bald noch sehr viel mehr Bienenarten auf der Roten Liste stehen. (Mehr zur Roten Liste können Sie hier nachlesen).
Ursachen für den Rückgang der Wildbienen
Ursachen für den starken Rückgang der Wildbienen sind v. a. die intensive Landwirtschaft mit ihren Folgeerscheinungen:
Einsatz von Pestiziden. Der Einsatz von Insektiziden tötet Insekten direkt. Dagegen töten Herbizide – sogenannte „Pflanzenschutzmittel“ – Insekten meist indirekt, da sie die Nahrungsquellen für Bienen – Wildblumen – zerstören. Da die Hälfte der Wildbienen den Pollen von nur einer Pflanzen-Gattung oder Familie sammelt, bewirkt der Verlust der Pflanzenvielfalt auch einen Verlust an Bienenarten. Da die Larven der Wildbienen mit Pollen versorgt werden, ist ihr Bruterfolg abhängig von der Anzahl der Blüten. Je weniger Ackerwildblumen blühen, desto magerer ist daher die Nahrungsversorgung für die Larven – und desto weniger erfolgreich ist die Brut.
Frühes und häufiges Mähen. Frühe und häufige Mahd von Wiesen macht den Bienen – und natürlich auch allen anderen bestäubenden Insekten – das Überleben immer schwerer. Denn dadurch finden sich nicht nur weniger blühende Pflanzen auf der Wiese; auch die Vielfalt der Blumenarten wird immer geringer und Nahrungsquellen sind nicht mehr kontinuierlich verfügbar. Viele Wildbienen fliegen nur 1 – 2 Monate lang; dabei unterscheiden sich die Monate in denen die verschiedenen Arten fliegen. Daher ist ein kontinuierliches Angebot an Blühpflanzen wesentlich für das Überleben der Wildbienen. Groteskerweise geht es vielen Wildbienenarten in Städten oft besser als auf dem Land. Denn dort bieten Gärten und Parks kontinuierliche und vielfältige Blüten an. Auch die Erträge von Honigbienen sind in der Stadt meist doppelt so hoch wie auf dem Land.
Zerstörung der Landschaft. Großflächige Monokulturen zerstören die kleinräumige Vielfalt an Habitaten und dadurch auch die Vielfalt an Nahrungsangeboten. Dazu zählen u. a. die Umwandlung von Wiesen zu Ackerland, die Überdüngung von Wiesen und die Zerstörung bzw. das Spritzen und Mähen von Randstreifen.
Zerstückelung der Landschaft. Einzelne Populationen einer Art werden immer kleiner und immer mehr voneinander isoliert. Dadurch reduziert sich die genetische Vielfalt – und dadurch auch die Widerstandsfähigkeit gegenüber klimatischen Änderungen und Krankheiten.
Zerstörung der Nistplätze. Etwa 50 % der Wildbienenarten nisten im Boden. Diese Nistplätze werden durch Bau von Gebäuden und Straßen sowie durch das Umpflügen von Wiesen zerstört. Auch lieben die meisten Wildbienen Wärme und Trockenheit – sie bewohnen also v. a. Offenland; und gerade das Offenland wird immer intensiver von der Landwirtschaft genutzt. Intensive Düngung bewirkt einen dichteren Wuchs der Gräser, sodass der Boden kühler und feuchter wird – er ist dann nicht mehr für Wildbienen geeignet.
Vergleich Honigbiene – Wildbiene
Auch die Konkurrenz mit der hochgezüchteten Honigbiene macht den Wildbienen zu schaffen. Die Honigbiene lebt in Völkern von 20. – 60.000 Tieren, die sich über ihre Tanzsprache schnell über vorhandene Nahrungsquellen informieren können. Honigbienen sind außerdem Umwelteinflüssen (Wetter und Nistgelegenheiten) weniger ausgesetzt als ihre wilden Schwestern, da sie von Imkern in Bienenstöcken versorgt werden. Noch dazu werden sie oft umgesiedelt, um neue Blüten anfliegen zu können. Diesem Konkurrenzdruck können die meist solitär lebenden Wildbienen, die einen viel kleineren Aktionsradius und eine kürzere Lebenszeit haben, nicht gut standhalten: Das immer geringere Nahrungsangebot in der intensivierten Landwirtschaft reicht nicht für alle Bienenarten aus.
Der Rückgang der Wildbienen ist nicht nur traurig wegen dem Verlust einer wunderschönen Artenvielfalt; er ist auch sehr beunruhigend, da die Wildbienen „Schlüsselakteure für die Erhaltung der Biodiversität“ (FiBl) sind. Ohne Bestäubung der Wild- und Nutz-Pflanzen durch Wildbienen würde die Artenvielfalt, die Stabilität der Ökosysteme sowie der landwirtschaftliche Ertrag massiv reduziert werden. Denn fast 80 % der Nutzpflanzen sind auf Bestäubung durch Insekten angewiesen.
„Aber die Honigbiene erledigt doch das alles!“, mag manch einer denken. Falsch. Die Honigbiene kann die Arbeit der Wildbienen nicht ersetzen. Dafür gibt es mehrere Gründe, u. a.:
- Wildbienen fliegen auch bei schlechtem Wetter. Honigbienen fliegen erst ab ca. 12° Hummeln können dagegen schon bei Temperaturen um den Gefrierpunkt fliegen.
- Viele Wildbienenarten sind auf bestimmte Blütenpflanzen spezialisiert, welche von Bienen nicht oder nur selten besucht werden.
- Mehrere Studien haben gezeigt, dass Honigbienen die Arbeit der Wildbienen ergänzen, aber bei weitem nicht ersetzen.
- Hummeln bestäuben effizienter als Honigbienen – das heißt, sie besuchen mehr Blüten pro Zeiteinheit.
Auch der Bestand der Honigbiene ist zum Teil gefährdet; doch gibt es dabei regionale starke Unterschiede. Verantwortlich sind verschiedene Faktoren wie Parasiten, v. a. die Varroamilbe, Pilzerkrankungen sowie der Einsatz von Pestiziden. Die Ursache für die sogenannte Colony Collaps Disorder, bei der im letzten Jahrzehnt viele Völker starben, ist weiterhin nicht vollständig geklärt. Aber es ist wahrscheinlich, dass Pestizide dabei nicht unbeteiligt sind.
Da die Ursachen für den Rückgang der Honigbienenvölker z. T. andere sind als bei Wildbienenarten, sind auch die Lösungsansätze nicht identisch. Wildbienen können v. a. dadurch geschützt werden, indem man geeignete Nistmöglichkeiten schützt und ein kontinuierliches, artenreiches und pestizidfreies Nahrungsangebot ermöglicht. Auch Honigbienen profitieren von einem vielfältigen giftfreien Nahrungsangebot. Zusätzlich sind für den Schutz von Honigbienen Maßnahmen erforderlich, welche die Völker vor Milben und Pilzerkrankungen schützen.
Fazit
Nicht nur Bienen ist durch all diese Maßnahmen geholfen, sondern auch vielen anderen Tier- und Pflanzenarten. Deswegen ist die Biene ein sehr geeignetes als Symbol für den Schutz der Artenvielfalt in Bayern.
Weitere Informationen
Broschüre vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). 2014. Bienen – Unverzichtbar für Natur und Erzeugung. Link: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Broschueren/Bienen.html
Broschüre der bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft. 2017. Bienen in der Kulturlandschaft. Link: https://www.lfl.bayern.de/publikationen/informationen/170015/index.php
Rote Liste Bayern. Link: https://www.lfu.bayern.de/natur/rote_liste_tiere/2016/index.htm
Webseite von bee-careful.com: http://www.bee-careful.com/de/
sowie:
https://www.naturgartenfreude.de/wildbienen/honigbiene-versus-wildbiene/
https://www.br.de/nachrichten/bundesamt-fuer-naturschutz-bestaetigt-insektensterben-100.html
https://www.deutschland-summt.de/wildbienenarten.html
http://www.naturspaziergang.de/Wissenswertes/Nahrungskonkurrenz.htm
https://bienenmonitoring.uni-hohenheim.de/
https://www.bfn.de/themen/natura-2000/eu-und-internationales/schutz-der-bluetenbestaeuber.html
https://www.bfn.de/themen/insektenrueckgang.html