Wie steht es um die Umsetzung der Gesetze zum Schutz der Artenvielfalt, mehrere Jahre nach dem erfolgreichen Volksbegehren? Geht es Bayerns Natur besser? Wo sehen wir Fortschritte und was ist noch zu tun? Um Antworten auf diese Fragen zu liefern und die Politik auch langfristig in die Pflicht zu nehmen, wurde ein wissenschaftliches Monitoring entwickelt, das seit 2019 jährlich die Umsetzung des Volksbegehrens beleuchtet. Dafür wurden von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) aus den von der bayerischen Regierung beschlossenen Maßnahmen 32 Indikatoren abgeleitet. Die Auswahl erfolgte unter Berücksichtigung von Aspekten wie Wirksamkeit, Überprüfbarkeit sowie des gesellschaftlichen Interesses. Nachdem 2020 die Bilanz dieser Indikatoren eine erste Bestandsaufnahme ermöglichte, werden nun über einen Zeitraum von insgesamt zehn Jahren mit Hilfe des Indikatoren-Sets die Umsetzung der Maßnahmen des neuen Naturschutz- und Begleitgesetzes sowie der Landtagsbeschlüsse der bayerischen Staatsregierung regelmäßig überprüft.

Zwischenbilanz: 5 Jahre „Rettet die Bienen!“

2024 wird nach 5 Jahren Volksbegehren Artenvielfalt „Rettet die Bienen!“ umfangreich Bilanz gezogen. Zum ersten Mal wurden dafür alle entwickelten Indikatoren überprüft. Dies zeigt, dass seit Verabschiedung der neuen Gesetze viele Maßnahmen umgesetzt wurden. Große Erfolge sind dabei die Ausweisung zusätzlicher Naturwälder, die Neupflanzung zahlreicher Streuobstbäume, die Einrichtung von Gewässerrandstreifen sowie die Erhöhung landwirtschaftlicher Naturschutzförderprogramme. Doch bei besonders bedeutsamen Zielen wie dem Ausbau des Biotopverbunds und des Ökolandbaus sowie der Reduktion des Pestizideinsatzes fehlt bisher noch der große Wurf. Fazit: Broschüren, Berichte und Bilanzen erhöhen noch nicht die Zahlen der Wildbienen, Insekten und anderer seltener Arten. Der Erfolg des Volksbegehrens muss am Ende allein daran gemessen werden, ob durch effektive Maßnahmen die Biodiversität in Bayern wieder zunimmt, sich der Zustand von Lebensräumen verbessert hat und wir mehr Insekten und Vögel in unserer Kulturlandschaft haben.

Der aktuelle Stand der Umsetzung des Volksbegehrens wird im Folgenden kurz zusammengefasst:

Totholz im Wald - Dr. Christian Stierstorfer
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10 % Naturwaldflächen im Staatswald bis 2023

Es wurden bereits über 7.000 ha Naturwälder zusätzlich aus der Nutzung genommen und das Ziel nach Angaben der Staatsregierung damit erreicht. Insgesamt sind 83.000 ha Staatswald als Naturwald ausgewiesen. Allerdings wurden hier ca. 12.000 ha ohnehin ungenutzter Latschenkiefergebüsche in den Alpen mit eingerechnet.


Marktstand - Peter Bria
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Ökologischen Landbau in Bayern erhöhen: bis 2025 auf 20 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche, bis 2030 auf 30 %

Der Zuwachs im Ökolandbau wird geringer – bei gleichbleibendem Tempo werden die Ziele verfehlt. Auf staatlichen Flächen sollten 30 % Ökolandbau schon 2020 erreicht sein, dieses Ziel wurde verfehlt.


Feuchtwiese - Dr. Olaf Broders
SV Höntrop / RW Leithe Ü50

Strukturanreicherung und ökologische Verbesserung von Grünland durch verbesserte Förderung und 10 % Mahd nach dem 15. Juni

Es gibt eine verbesserte Förderung für extensives Grünland und Weidetierhaltung sowie eine Ausweitung des VNP (Vertragsnaturschutzprogramm). Flächen mit einer Mahd nach dem 15. Juni nahmen seit 2019 zu und machten 2023 einen Anteil von 13 % des Grünlands aus. Dennoch hält der Rückgang von artenreichem Grünland weiter an.


Streuobstwiese - Rudolf Wittmann
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Bayerischer Streuobstpakt: Bis 2035 soll der derzeitige Streuobstbestand in Bayern erhalten sowie darüber hinaus zusätzlich eine Million Streuobstbäume neu gepflanzt werden.

Die Fördersätze für Pflanzung und Pflege von Streuobstbäumen wurden deutlich verbessert. Es werden mehr Bäume gepflanzt und 27 Streuobstmanager*innen verbessern die Beratung vor Ort. Eine Herausforderung für die Zukunft stellen der Klimawandel und die Vermarktung der Produkte dar.


Pestizideinsatz - Peter Bria
SV Höntrop / RW Leithe Ü50

Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2028

Laut aktuellem Bericht des Landwirtschaftsministeriums ist der Pestizideinsatz rückläufig. Der verwendete Indikator wird in Fachkreisen jedoch stark kritisiert, die Giftigkeit von Wirkstoffen wird zu wenig berücksichtigt. Noch ist nicht klar, wie die Halbierung erreicht werden soll. Wichtig wäre die Einrichtung pestizidfreier Gebiete sowie von Pufferzonen um Schutzgebiete.


Kulturlandschaft - Eberhard Pfeuffer
SV Höntrop / RW Leithe Ü50

Biotopverbund bis 2023 auf 10 %, bis 2017 auf 13 % und bis 2030 auf 15 % des Offenlandes

Laut Staatregierung wurde das Ziel für 2023 erreicht, die Qualität der eingerechneten Gebiete ist teilweise jedoch mangelhaft. Damit der Biotopverbund auch tatsächlich einen Mehrwert für den Erhalt der Artenvielfalt liefern kann, müssen die Kernflächen in einen guten Zustand versetzt werden und insgesamt ein Zuwachs an Strukturen und artenreichen Lebensräumen in der Landschaft entstehen.


Strukturreicher Gewässerrand - Franziska Wenger
SV Höntrop / RW Leithe Ü50

Gewässerrandstreifen: entlang natürlich fließender oder stehender Gewässer ist es in einer Breite von mindestens 5 m von der Uferlinie verboten, diese garten- oder ackerbaulich zu nutzen. Eine intensive Grünlandnutzung ist jedoch weiterhin möglich.

Die Ausweisung ist derzeit in 85 % der Landkreise abgeschlossen. Hier werden in den meisten Fällen Gewässerrandstreifen angelegt und erfüllen ihre Funktion für den Gewässerschutz. Die Qualität als Lebensraum ist jedoch unterschiedlich.


Naturnaher Garten - Birgit Helbig
SV Höntrop / RW Leithe Ü50

8. Ziel: Artenvielfalt im Siedlungsraum fördern

  • Beleuchtung öffentlicher Gebäude muss nach 23 Uhr abgeschaltet werden: die Mehrzahl der bayerischen Städte kommt dieser Verpflichtung nach. Bisher keine Überprüfung von Gemeinden.
  • Ökologische Bewirtschaftung öffentlicher Flächen: Begleitflächen von Staatsstraßen sollen als Magergrünland genutzt werden. Gebäude und zugehörige Flächen des Freistaats sollen begrünt werden. Hier sind stellenweise Fortschritte erkennbar, vielerorts wird aber weiterhin gemulcht und es ist noch viel Luft nach oben.
  • Förderung einer artenreichen Gartenkultur soll durch Informationsarbeit und Auszeichnungen gesteigert werden. Ziel: Verringerung des Pestizideinsatzes in Privatgärten. Bisher keine Daten.

Alle Monitoringberichte der vergangenen Jahre:

Bericht Monitoring 2020
Handout Monitoring 2020
Bericht Monitoring 2021
Handout Monitoring 2021
Bericht Monitoring 2022
Handout Monitoring 2022
Bericht Monitoring 2023
Handout Monitoring 2023
Handout Monitoring 2024